Cirque du Solei – Viel Gedöns ums salzige Ei | die Besserbissen Kolumne
Der lange Weg auf den Kneipentresen.
Früher, als es kein Licht im Stall gab, legten die Hühner im Winter kaum Eier. Dabei hätte man sie genau dann gut gebrauchen können. Als das Federvieh dann langsam wieder in Stimmung kam und die Protein-Produktion hochfuhr, begann nahtlos die Fastenzeit mit dem zumindest für Christen geltenden Verzehrverbot für Eier. Insgesamt könnte man sagen, das Timing der Hühner war über das Jahr hinweg denkbar schlecht.
Um der Ovum-Flut einerseits und dem Mangel andererseits Herr zu werden, experimentierte man neben einer Lampe in der Tierbehausung sicherlich auch mit Methoden zur besseren Haltbarkeit. So liegt der Ursprung der beliebten Soleier vielleicht genau in dieser meist dunklen Zeit. Man weiß es nicht genau, hier kommt meine Theorie:
Vor ziemlich genau 200 Jahren wurde ein Stoff namens „Wasserglas“ erfunden, mit dem sich Oberflächen vor Feuchtigkeit schützen ließen. Einige Jahre später konnte man Alkalisilikate, so die chemische Bezeichnung, unter dem Namen „Eiwol“ oder „Garantol“ in Apotheken erwerben. Das Pulver wurde mit einem Schneebesen in Wasser gerührt und nahm dadurch eine geleeartige Konsistenz an. Legte man die Hühnereier in dieses Gelee, wurden die Poren in der Schale verschlossen, sodass Feuchtigkeit und Gase nicht mehr ausdünsten und Keime nicht eindringen konnten. Allerdings durfte die Schale nicht angebrochen sein, da die Eier beim direkten Kontakt mit Wasserglas ungenießbar wurden. Die angeschlagenen Exemplare mussten also entweder direkt verarbeitet oder bei geringem Schaden vorsichtig abgekocht werden. Eingelegt in Salzlake, waren Sie dadurch noch ein paar Wochen haltbar und überstanden, zu Beginn der Fastenzeit eingelegt, vielleicht sogar die Zeit bis Ostern. So landeten die Soleier, in großen Gläsern zur Schau gestellt, auf den Kneipentresen der Republik neben kalten Schnitzeln und Frikadellen. Soviel zu meiner Theorie, nun zum Rezept.
Sie benötigen für ein großes Einweckglas:
10 Bio-Eier
ca. 1 Liter Wasser
30 g Salz
2 Zwiebeln und Lorbeerblätter
je 1 EL Pfefferkörner, Fenchel- und Koriandersaat
Die Zwiebel mit Schale halbieren und zusammen mit Salz und den Gewürzen im Wasser aufkochen. Die Eier für 10 Minuten darin garen, kalt abschrecken und die Schale rundherum leicht andrücken, sodass sie zerbricht, aber noch am Ei verbleibt. In das Einweckglas füllen und mit dem heißen Sud inkl. Zwiebeln und Gewürzen bedecken. Anschließend drei Tage gekühlt marinieren lassen. Die dunkle Zwiebelschale sorgt dafür, dass auf dem Eiweiß ein schönes Muster entsteht.
Ein richtiger Zirkus findet dann beim Servieren des Soleis statt. Mir schmeckt folgende Zubereitung am besten:
Das Ei pellen und längs halbieren. Vorsichtig das Eigelb herausnehmen und die Vertiefung halbvoll mit mildem Olivenöl füllen. Einen Spritzer Maggi (ja, Maggi), sowie etwas Kräuter-Essig und Senf hineingeben.
Das Eigelb auf den Eiweiß-Rand legen und alles mit frisch gemahlenem Pfeffer würzen. Probieren Sie nicht, von dem Konstrukt abzubeißen, man isst die Ei-Hälfte im Ganzen.
Torsten Kluskes Kolumne „Kluskes Besserbissen“ erscheint jeden Samstag in der Braunschweiger Zeitung. Online nachzulesen hier.